Ich schreibe über Trauma und seine Hintergründe, weil so viele Menschen davon betroffen sind und dabei nicht wissen, was mit ihnen passiert. Das Verstehen von Trauma ist essentiell damit du, als Betroffener, dich verstehst und mit deinem Trauma arbeiten kannst.
Wenn du nicht betroffen bist kannst du dich für das Thema sensibilisieren. Besonders als Yogalehrer ist es gut, dein Wissen über diesen Bereich zu erweitern. Denn es sind viel mehr Menschen von diesem Thema betroffen, als du vielleicht denkst.
Dein autonomes Nervensystem – zusammen mit unserem gesamtem Wesen nenne ich es ab jetzt einfach „unser System“ – ist aus dem Gleichgewicht, wenn du Trauma, in welcher Form auch immer, in dir trägst. Früher dachte man, unser System verändert sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr. Deswegen dachte man zum Beispiel, Erwachsene können irgendwann nicht mehr lernen. Heute wissen wir, dass das nicht so ist. Im Fachjargon nennt sich das Plastizität.
Warum ich nicht gerne von Heilung spreche und wieso Veränderung möglich ist.
Ich spreche nicht gern’ von Heilung, weil viele darunter etwas übernatürliches, etwas, dass nicht von ihnen selbst kommt, verstehen. Deswegen spreche ich lieber von Veränderung. Veränderung ist nicht nur möglich, sie ist das Prinzip, nachdem unser System funktioniert. Alles in unserem Körper ist in Bewegung. Bewegung bedeutet Veränderung. Wenn du seit Jahren in Behandlung bist, dann macht es dich vielleicht sogar wütend, dass zu lesen. Doch das muss es nicht!
Veränderung brauch Zeit und Geduld – das gilt für jeden!
Veränderung – passiert nicht von jetzt auf gleich. Für uns alle gilt: für Veränderung müssen wir arbeiten. Wir müssen immer und immer wieder beobachten, versuchen, scheitern, es nochmal versuchen … Tage, Wochen, Monate, Jahre. Wenn du verstehst, wie dein Nervensystem funktioniert und was es braucht, dann fällt es dir vielleicht leichter geduldig und sanft zu sein. Kleine Schritte, es passiert nicht viel und doch findet Veränderung statt.
Wenn du anfängst, dein Leben zu verändern, deinem System den Weg in einen Zustand von Sicherheit zu ermöglichen, dann kostet das Kraft. Ein System, dass mit Gewalt (in welcher Form auch immer) erschüttert wurde, kann nicht mit Gewalt wieder in seine Funktionieren gebracht werden. Kleine Schritte, die dein System nicht erschrecken, sondern neugierig machen.
Was ist Selbstregulation?
Dein System reguliert sich selbst, wenn du
- dich gut erholen und entspannen kannst
- deine Aufmerksamkeit längere Zeit fokussiert halten kannst.
- deine Impulse kontrollieren kannst.
- deine Ziele verwirklichen kannst.
- dich selbst beruhigen kannst, wenn du traurig o.ä. bist.
Was auch immer uns widerfährt und zu schnell, zu heftig und/oder zu lange auf uns eingewirkt, kann sich in Körper und Geist manifestieren. Empfundene Sicherheit ist so kostbar für unser System, wie die Nahrung, die es am Leben hält. Was diese Sicherheit gefährdet – dabei ist egal, ob es sich um eine tatsächliche Gefahr handelt, oder nicht – gefährdet unser System und es reagiert darauf mit Kampf, Flucht, Immobiliät oder Erstarren.
Unser Nervensystem bleibt in der Vergangenheit stecken und wir können uns nicht mehr gut alleine regulieren. Oft bedarf es dann einer Co-Regulation wie eines anderen, starken, Nervensystems, Essen, Alkohol, Trinken, Einkaufen, Serien gucken sind ebenfalls beliebte Co-Regulatoren.
Selbstregulation lernen bedeutet, eine wohlwollende Haltung zu kultivieren
Eine wohlwollende Haltung der Selbstliebe und Selbstachtung befähigen dich, aus dem Kreislauf der Kompensation auszubrechen. Diese Qualitäten kannst du kultivieren, wenn du beginnst, dein Trauma zu verstehen, ohne dich dabei in der Vergangenheit zu verlieren. Schon dadurch, dass du diesen Artikel ließt, dich informierst, ermöglichst du dir, eine wohlwollende Haltung zu etablieren. Je mehr du verstehst, wie Trauma funktioniert, desto mehr verstehst du, dass dein Leid eine „normale“ Reaktion deines Körpers auf etwas ist, dass zu viel, zu schnell, oder zu lange auf dich eingewirkt hast. Dein Körper hat gute Gründe für die Reaktionen, die er zeigt, auch wenn diese dir heute nicht mehr dienen.
Bedanke dich schon jetzt bei dir selbst. Dafür, dass du den Weg der Eigenverantwortlichkeit wählst und bereit bist, dein Leben nach deinen Wünschen zu gestalten. Beginne deinen Körper zu verstehen und gib dir, frei von Gewalt, in Form von Druck, den Raum, den es braucht.
Deine Loredana