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Book Review: Neurosensitivität – Die Kraft der Hochsensitiven

By April 25, 2021 No Comments
Neurosensitivität

Dr. rer. oec. Patrice Wyrsch, Jahrgang 1987, ist seit Juni 2020 der Gründer seines Seelenbusiness namens Neurosensitivity Services GmbH. Im Dezember 2020 veröffentlichte er sein erstes Buch “Neurosensitivität”, das bereits über 2’300 Mal verkauft wurde. Aufgrund der grossen Nachfrage kann Patrice Wyrsch nach nur acht Monaten bereits keine Privatpersonen mehr persönlich begleiten. Daher bildet er zurzeit erhöht neurosensitive MenschenbegleiterInnen nach seiner Methode aus.

Bis Ende Mai 2020 war Patrice Wyrsch Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Organisation und Personal der Universität Bern. In seiner Dissertation erforschte er Neurosensitivität im Unternehmenskontext sowohl konzeptionell-theoretisch als auch quantitativ-empirisch. Patrice Wyrsch studierte Betriebswirtschaftslehre und Allgemeine Ökologie (B.A.) sowie Management (M.Sc.) an der Universität Bern. Er verfügt über mehrjährige Berufserfahrung unter anderem im IT-Bereich und in der Unternehmensberatung.

Laut Patrice sind hochsensible Menschen entscheidende Wegbereiter*innen, um die Herausforderung dieser Zeit zu meistern. In seiner Dissertation erforschte er Hochsensibilität im Unternehmenskontext. Er spricht in seinem Buch Neurosensitivität – Die Kraft der Hochsensitiven von einem neuen Bewusstsein dafür, dass Menschen Informationen neurobiologisch individuell verarbeiten. Wenn wir dieser Diversität Raum geben, so Patrice, dann eröffnet das viele Möglichkeiten für Individuen, Organisationen, Gesellschaften, Wirtschaftsräume, die Wissenschaft und die Welt. Das Buch ist eine Aufforderung an jede*n von uns, Neurodiversität anzuerkennen, sodass wir als Menschen gesund, glücklich und in Freiheit leben können.

Short Dive:

  • Neurosensitivität: Basierend auf der Forschung von Michael Pluess spricht Patrice von Neurosensitivität.
  • 4 Sensitivitäts-Typen: Auf Grundlage des Begriffs der Neurosensitivität definiert Patrice in seinem Buch, ebenfalls basierend auf Pluess, vier Sensitivitäts-Typen und erläutert diese umfassend.
  • Empirische Forschung: Er operationalisierte die vier Sensitivitäts-Typen in seiner Dissertation.
  • Patrice stellt die These auf, dass einer der Sensitivitäts-Typen zu den Top Performern, Top-Leadern und Top-Innovatoren gehört: Die Vantage-Sensitiven. Unternehmen, so Patrice, müssen diesem Typ mehr Anreize bieten. Momentan sei es noch so, dass Führungspositionen vornehmlich von wenig-sensitiven Menschen bekleidet werden.
  • Neurodiversität: Patrice erläutert, dass in der Wissenschaft immer mehr von Neurodiversität gesprochen wird. Das bedeutet die Anerkennung, dass Menschen ihre erlebte Realität neurobiologisch unterschiedlich verarbeiten. Daraus erwachsen  Herausforderungen und Potentiale für die Gesellschaft. Damit wir diese Potentiale bergen können, müssen Gesellschaften, Unternehmen, Institutionen Neurodiversität und dessen gesamtgesellschaftlichen Implikationen anerkennen.

Was ist Neurosensitivität?

Als neurosensitiv definiert Patrice Menschen, die ein besonders sensibles zentrales Nervensystem haben und mehr wahrnehmen.

Neurosensitivität geht, laut Patrice, mit vier Facetten einher: 

  1. Erhöhtes Bewusstsein
  2. Erhöhte Empathie
  3. Vertiefte Informationsverarbeitung
  4. Erhöhte Anfälligkeit für Überstimulation

Evolutionsbiologen, so Patrice, gehen davon aus, dass eine erhöhte Wahrnehmung zwar mehr Energie kostet, aber auch zu besseren Entscheidungen führen kann. Deswegen misst Patrice neurosensitiven Menschen eine Schlüsselrolle zu, was die Lösung der komplexen Probleme unserer Zeit betrifft. Wichtig sei, dass diese vier Facetten ausbalanciert seien. Für Patrice ist es nämlich nur logisch, dass ein sensibles Nervensystem auch mit „erhöhten biologischen Kosten” einhergehen kann. Da neurosensitive Menschen oft sehr kreativ, hilfs- und leistungsbereit sind, müssten diese besonders auf ihre Ressourcen aufpassen.

Patrice prägt den Begriff des Neurosensitivitätsbewusstseins. In diesem Zustand erkennen Individuen, Organisationen und Gesellschaften an, dass Menschen sich in ihrer Fähigkeit, Reize zu verarbeiten unterscheiden (Neurodiversität)

Die vier Sensitivitäts-Typen

Der Wissenschaftler Michael Pluess erläutert, so Patrice, dass Neurosensitivität genetisch veranlagt sei. Wie diese sich ausbildet, so Pluess, bestimmt die frühe Umwelt der Kinder. Basierend auf Pluess Forschung definiert Patrice in seinem Buch die vier Sensitivitäts-Typen. 

  1. Geringe Sensitivität: Menschen mit geringer Sensitivität seien gegenüber negativen und positiven Reizen resilient. 
  2. Generelle Sensitivität: Menschen mit genereller Sensitivität seien sehr empfänglich für positive und negative Einflüsse. Das könne im Alltag sehr herausfordernd sein.
  3. Vulnerable Sensitivität: Menschen mit vulnerabler Sensitivität sind besonders empfänglich für negative Reize. Anmerkung von mir: Besonders frühkindliche Prägungen drücken sich durch eine starke Empfindsamkeit was negative Stressoren angeht aus.
  4. Vantage-Sensitivität: Vantage-Sensitive seien empfänglich für positive Reize, während sie negativen Reizen gegenüber relativ resilient seien.

Ergebnisse aus Patrice Forschung zum Thema Neurosensitivität im Unternehmenskontext:

  • Vantage-sensitive sind innovativer, prosozialer und leistungsfähiger.
  • Die Leistung wenig-sensitiver ist durchschnittlich. 
  • Wenig-sensitive haben das höchste Einkommen, gefolgt von den Vantage-Sensitiven. 
  • Wenig-sensitive nehmen die meisten Führungspositionen ein, obwohl Vantage-Sensitive kreativer und innovativer sind. Seine These: Das Arbeitsumfeld wird von wenig-sensitiven Menschen nach ihren Bedürfnissen geprägt.
  • Generell-sensitive sind ähnlich leistungsorientiert wie vantage-sensitive. Ihre Arbeitszufriedenheit fällt jedoch relativ gering aus. 
  • Wenig-Sensitive und Vulnerabel-Sensitive haben die geringste intrinsische Motivation bei der Arbeit. Generell-Sensitive die höchste. 

Die Kraft der Neurosensitivität und Neurodiversität

Patrice erläutert, dass in der Wissenschaft immer mehr von Neurodiversität gesprochen wird. Neurodiversität bedeutet, dass wir unsere Realität unterschiedlich verarbeiten. Das hat Auswirkungen auf unseren Umgang mit Menschen, die hochsensibel sind und mit Menschen, die zum Beispiel autistisch oder legasthenisch sind. Neurodiversität erkennt an, dass jeder Mensch Potentiale mitbringt, die sich jedoch unterscheiden. 

Patrice erläutert, dass Neurodiversität in großen Unternehmen bereits immer mehr Anklang findet und zitiert aus einem Artikel des Harvard Business Review, wie SAP die Potential von Neurodiversität anerkennt:

„Menschen sind wie Puzzleteile, unregelmäßig geformt. In der Vergangenheit haben Unternehmen Mitarbeitende gebeten, ihre Unregelmäßigkeiten zu beseitigen, da es einfacher ist, Menschen zusammenzufügen, wenn sie alle perfekte Rechtecke sind.  Dafür mussten die Mitarbeitenden ihre Unterschiede zu Hause lassen – Unterschiede, die Unternehmen jedoch benötigen, um innovativ zu sein.”

Neurosensitive Menschen sind kreativ, innovativ und, wenn sie mit ihren Ressourcen gut haushalten können, intrinsisch motiviert. Damit neurosensitive Menschen ihr Potential leben können, braucht es gesellschaftliche Strukturen, welche genau das fördern. Patrice erklärt: Es gibt zum Beispiel mittlerweile viele Untersuchungen darüber, dass ein Unternehmenskontext, welcher Achtsamkeit fördert, als Folge auch das Wohlbefinden und die Performance von Mitarbeitenden steigert. In einer Gesellschaft, in der das „neurobiologische Profil” der Menschen geachtet wird und Raum hat, werden Unternehmen so zum Beispiel automatisch produktiver, ohne das „ausbeuterisch” zu erzwingen.

Fazit

Patrice Buch ist sehr intuitiv geschrieben. Mein Review liest sich viel theoretischer, da ich versucht habe, die Kernaussagen übersichtlich zusammenzufassen. Das Buch lässt sich sehr gut lesen, enthält viele Gedankenanstöße für ein „neues Bewusstsein”. Mit einigen Gedanken gehe ich mit, andere hinterfrage ich. Genau so verstehe ich aber auch sein Buch: Es soll zum Denken anregen und so hinterlässt es bei mir einen bleibenden Eindruck. Patrice Thesen bauen auf dem Thema der Hochsensibilität auf. Er erläutert jedoch auch, welche gesamtgesellschaftlichen Implikationen es hat, wenn wir die Neurodiversität eines jeden Menschen anerkennen. Seine Überlegungen umfassen zum Beispiel das Bildungssystem, Unternehmensstrukturen, das Gesundheitssystem, die Rolle von Spiritualität und den Klimawandel.

Links

Patrice Website
Hier geht es zum Buch
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