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Ist Achtsamkeit gefährlich? Eine (trauma)sensible Perspektive.

By May 16, 2024 No Comments
traumasensible Achtsamkeit

Ein kritischer Blick auf die Achtsamkeitspraxis

Vor einigen Wochen wurde die Dokumentation „Die unbekannten Gefahren der Achtsamkeit“ auf VOLLBILD veröffentlicht, die aufschlussreiche Einblicke in die nicht immer positiven Auswirkungen von Achtsamkeitspraktiken bietet. In dieser Doku kommen verschiedene Menschen zu Wort, die ihre negativen Erfahrungen mit Achtsamkeit teilen. Beispielsweise berichtet Micky von „komischen körperlichen Zuständen“, die er nach einigen Monaten der Achtsamkeitspraxis erlebte. Er beschreibt, wie er sich entfremdet und losgelöst von seinem Körper gefühlt hat, fast als würde er als Beobachter hinter sich selbst stehen.

Kann Achtsamkeit krank machen?

Diese Frage drängt sich aufgrund der Erzählungen aus der Dokumentation auf. Als sensibler Practitioner für achtsamkeitsbasierte Körperarbeit weiß ich: Achtsamkeit kann Menschen destabilisieren. In diesem Artikel möchte ich darüber aufklären. Denn es ist wichtig, dass wir diesem Thema mit Offenheit, Wachsamkeit und dem nötigen Respekt begegnen.

Die Schattenseite der Achtsamkeit?

Die Journalistin der Dokumentation stellt zu Recht die Frage, ob die strahlende Welt der Meditation eine Schattenseite hat und warum so wenig darüber bekannt ist. Tatsächlich gibt es bereits viele sensible Personen, die über die Potenziale und Risiken von Achtsamkeit aufklären. Ich selbst arbeite in meinen Workshops und Coachings zu traumasensibler Achtsamkeit, wobei ich das Wort „Trauma“ bewusst in Klammern setze, denn jeder kann von dem Wissen über sensible Modifikationen profitieren.

Tipp: Wenn du nach sensiblen und inklusiven Angeboten suchst, orientiere dich an Begriffen wie „traumasensibel“, „nervensystem-informiert“ oder „nervensystem-freundlich“. Viele körperorientierte TherapeutInnen arbeiten bereits auf diese Weise und berücksichtigen dabei feinfühlig die Bedürfnisse des Nervensystems ihrer KlientInnen.

Die Risiken von Achtsamkeit verstehen

Achtsamkeit kann uns zwar helfen, Stress zu reduzieren, sie kann uns aber auch mit innerem Stress oder sogar altem traumatischem Erleben in Kontakt bringen. Die erhöhte Wahrnehmung unseres Inneren kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, mit innerer Anspannung oder alten Emotionen in Kontakt zu kommen. Wenn wir nicht wissen, wie wir diesen begegnen können, können diese Erfahrungen überwältigend werden. In einer (trauma)sensiblen Achtsamkeitspraxis ist es daher oberstes Gebot, Menschen zu zeigen, wie sie ihre Aufmerksamkeit so ausrichten können, dass es ihnen guttut. Es ist auch normal, dass die Augen nicht immer geschlossen werden müssen, besonders wenn dies nicht sicher oder angenehm empfunden wird.

Ein Appell für (trauma)sensible Achtsamkeit

Wenn du dich entschließt, achtsamkeitsbasiert mit Menschen zu arbeiten, wirst du früher oder später mit dem Thema Trauma in Kontakt kommen. Wenn du weißt, wie du deine Angebote (trauma)sensibel und inklusiv gestaltest, dann schaffst du einen sicheren Rahmen für dich und andere. Das bedeutet nicht, dass du dich auf Trauma spezialisiert. Du weißt dann einfach nur, dass bestimmte Methoden aus der Achtsamkeitspraxis für manche Menschen nicht funktionieren. Du erkennst, wann eine Modifikation hilfreich sein könnte und kannst diese souverän anbieten. Denn Trauma ist viel weiter verbreitet, als du denkst. Diese Artikel könnten dich in diesem Zusammenhang auch interessieren:

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